Archive for Juli 2010

Die Menschen spenden gerne an die Kleinen

22. Juli 2010

Endlich mal wieder ein deutsches Fundraisingexperiment. Von wissenschaftlichen Untersuchungen des Spendenverhaltens der Deutschen hört man wenig. Um so interessanter ist das Experiment des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, über das in der Ausgabe 4/2010 des Fundraiser-Magazins berichtet wird. Die Teilnehmer durften selbst verdientes Geld spenden oder behalten. 33 Prozent behielten es. Ein signifikanter größerer Anteil der restlichen Beteiligten spendete für kleinere Organisationen. Bei den kleineren Organisationen hatten die Spender den Eindruck, dass sie die Spenden nötiger hätten als die Großen und dass ein größerer Anteil der Spende dem zugedachten Zweck zugute komme.

Die 223 Teilnehmenden im Alter von 18 bis 75 Jahren waren keine Studierenden oder aus dem akademischen Personal Ausgewählte, sondern in zufällig ausgewählten Haushalten Angeschriebene. Sie bekamen Geld für die Teilnahme an der Studie, mit der Möglichkeit, einen Teil rückzuspenden, was ja zwei Drittel auch taten.

Amerika Du hast es besser

21. Juli 2010

Habe gerade die Feldstudie „Grassroots Fundraising in den USA“ von Alexandra Ripken gelesen, erschienen im „Winter 2010“, also mitten im Hochsommer. Alexandra Ripken ist Stipendiatin der Fundraising Akademie. Mit Begeisterung eilte sie in Amerika von Termin zu Termin, von Küste zu Küste, um Fundraiser/innen, die meist den Grassroots entwachsen waren, Community Leaders, Abgeordnete über Grassroots-Fundraising zu befragen.

Es ist immer wieder gut, neue Horizonte in anderen Ländern zu suchen, besonders in den USA und Großbritannien. Ich denke noch an den begeisterten Fundraiser, der in Deutschland Millionen gesammelt hat und sich bei der Begegnung mit Kollegen in New York im Mai vergangenen Jahres gerade erst am Anfang wähnte. Und Storytelling klingt natürlich ganz anders, vor allem wenn es von einem berufsmäßigen Storyteller erläutert wird, als das schlichte Erzählen guter Geschichten aus dem Alltag der Bedürftigen und ihrer selbstlosen Helfer.

Aber all das gibt es in Deutschland natürlich auch. Gute Geschichtenerzähler wie Rupert Neudeck, der fast ausschließlich damit eine Menge Geld gesammelt und seine Schützlinge an und von Bord gebracht hat, gute Graswurzelfundraiser, die Tausende von Sportplätzen, Vereinshallen, Indienhilfen, Pfarrerstellen, Denkmäler, Gesundheitstage, Armenspeisungen vor allem durch Netzwerke und Mundpropaganda erhalten, unterstützen und retten.

Ernüchterung tritt ein, wenn man aus San Francisco, London oder Noordwijkerhout nach Hause zurückkommt und feststellt, dass einen all die schönen motivierenden Erfahrungen, Interviews und Vorträge nicht davor bewahren, ernüchternde Alltagserfahrungen zu machen, vielleicht nicht als Berater/in, aber ganz sicher als Ausführende/r an den Frontlinien des Fundraisings. Deutschland tickt anders, aber nicht unbedingt schlechter.